Polywork – Fremdgehen mit Berufen

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„Ich bin doch nicht mit meinem Arbeitgeber verheiratet.“ – Dieser Satz bekommt eine ganz neue Bedeutung, wenn man sich mit dem Arbeitstrend „Polywork“ beschäftigt. Viele meist junge Arbeitnehmer verwischen bewusst die Grenzen zwischen Lohnabhängigkeit, Entrepreneurship, Engagement sowie Hobby und schaffen so eine Art „Polyamorie der Arbeit“: Sie wollen sich nicht mehr nur auf einen bestimmten Teil ihrer Fähigkeiten und Interessen fokussieren. Der Arbeitsreport 2024 nimmt das Potenzial dieses Arbeitsmodells genauer unter die Lupe.

Was ist Polywork?

Der Begriff “Polywork” bezeichnet eine Arbeitsweise, bei der eine Person gleichzeitig verschiedene berufliche Tätigkeiten und Projekte verfolgt. Im Gegensatz zu einer traditionellen beruflichen Laufbahn, die sich auf eine bestimmte Position oder Branche konzentriert, ermöglicht Polywork die Bewältigung mehrerer Aufgaben und Verantwortlichkeiten in verschiedenen Bereichen zur selben Zeit. Als Hashtag auf TikTok wurde der Begriff in den letzten Monaten 4,2 Millionen Mal geklickt.

Ein US-Phänomen – mal wieder

Wie viele Trendbegriffe aus der New-Work-Sphäre hat auch der Polywork-Trend seinen Ursprung in den USA. Schon bevor die Arbeitsform ihren Namen erhielt, begann eine zunehmende Zahl amerikanischer Arbeitnehmer mit der Suche nach Zweitjobs, die parallel zum Hauptjob ausgeübt werden können. Teilweise wurden neue Stellen angenommen oder selbstständige Projekte realisiert, ohne dass der Hauptarbeitgeber hiervon in Kenntnis gesetzt wurde – in Deutschland ist das nicht zulässig. Bereits 2021 nahmen mehr als 55% der unter 40-jährigen US-Amerikaner eine Tätigkeit neben dem Job an, die nicht als Hobby gilt. Mit zunehmender Popularität hat sich der Trend jedoch von einem unethischen Nebenverdienst zu einem anerkannten Arbeitsmodell mit Vorteilen für beide Seiten entwickelt.

Das sind die Vorteile von Polywork

  1. Vielseitigkeit und Flexibilität: Beschäftigte werden dazu ermutigt, ihre Fähigkeiten in verschiedenen Bereichen zu nutzen und weiterzuentwickeln. Dies bietet eine breitere Palette von beruflichen Erfahrungen. Außerhalb der Hauptbeschäftigung realisierte Projekte und Lernerfolge können anschließend ins Unternehmen getragen werden und auch dort von Nutzen sein.
  2. Risikostreuung: Durch die Ausübung mehrerer Tätigkeiten und die Errichtung eines weiteren Standbeins können Beschäftigte die Auswirkungen möglicher Misserfolge oder wirtschaftlicher Schwierigkeiten in einer Tätigkeit durch Erfolge in einem anderen Bereich ausgleichen.
  3. Berufliche Zufriedenheit: Die Möglichkeit, an verschiedenen Projekten zu arbeiten, kann die berufliche Zufriedenheit erhöhen, da persönliche Interessen besser verfolgt werden können und das Arbeitsleben viel Abwechslung bietet.
  4. Networking-Chancen: Durch die Beteiligung an verschiedenen Projekten, eventuell sogar in mehreren Branchen, können sich umfassende Netzwerk-Möglichkeiten ergeben. Dieses breite Netzwerk kann sich sowohl für die berufliche als auch für die persönliche Entwicklung als wertvoll erweisen.

Hat Polywork auch Nachteile?

  1. Zeitmanagement: Das Jonglieren mit verschiedenen Projekten erfordert ein gutes und effektives Zeitmanagement. Die Qualität der Arbeit könnte in einem bestimmten Bereich leiden. Es ist herausfordernd, Prioritäten zu setzen und sicherzustellen, dass alle Aufgaben angemessen erledigt werden.
  2. Fehlende Spezialisierung: Polywork könnte dazu führen, dass Tätigkeiten mit geringerer Spezialisierung ausgeübt werden. Dies kann in einigen Branchen, in denen spezifisches Fachwissen gefragt ist, nachteilig sein.
  3. Erschwerte Karriereentwicklung: In einigen Fällen könnte sich Polywork negativ auf die traditionelle Karriereentwicklung auswirken. Wenn mehrere Tätigkeiten gleichzeitig ausgeübt werden, bleibt weniger Zeit für tiefergehende Weiterentwicklung in einem Bereich. Manche Arbeitgeber bevorzugen jedoch eine klare und konsistente berufliche Laufbahn.
  4. Angespannte Teamarbeit: In einigen Teamumgebungen kann Polywork die Dynamik eines Teams beeinträchtigen. Es könnte zu Koordinations- und Kommunikationsproblemen kommen, wenn Teammitglieder unterschiedliche Projektverpflichtungen und verschiedene individuelle Arbeitszeiten haben.

Fazit: Reine Ablenkung oder sinnvoller Zugewinn?

Polywork kann eine attraktive Option für diejenigen sein, die Vielseitigkeit schätzen und bereit sind, sich der Herausforderung zu stellen, verschiedene Aufgaben gleichzeitig zu erledigen. Es kann nicht nur zu einer persönlichen Bereicherung führen, sondern auch zu einer erhöhten Anpassungsfähigkeit in einer sich ständig verändernden Arbeitswelt beitragen.

Es ist jedoch wichtig, dass Einzelpersonen ihre eigenen Ziele und Präferenzen berücksichtigen, um festzustellen, ob diese Arbeitsweise für sie geeignet ist. Es besteht das Risiko, dass Polywork zu einer reinen Ablenkung wird, wenn die Herausforderungen der effektiven Zeitverwaltung, Prioritätensetzung und Qualitätskontrolle nicht angemessen bewältigt werden.

Insgesamt lässt sich jedoch sagen, dass Polywork dann sinnvoll ist, wenn es bewusst und strategisch eingesetzt wird. Eine klare Planung, regelmäßige Reflexion über die eigenen Ziele und eine konsequente Umsetzung der jeweiligen Projekte sind entscheidend, um die Vorteile von Polywork zu maximieren und mögliche Nachteile zu minimieren. In einer zunehmend dynamischer und komplexer werdenden Arbeitswelt kann Polywork eine sinnvolle Erweiterung des Erfahrungshorizonts sein, solange sie mit Bedacht und Engagement praktiziert wird.

Polywork, Passion Economy, Job Crafting oder New Leadership – diese hochrelevanten Buzzwords werden die Zukunft der Arbeit formen. Der Arbeitsreport 2024 von pressrelations und Zukunftsinstitut Workshop bietet einen umfassenden Ausblick auf die Beschaffenheit der Arbeitswelt von morgen und vermittelt wertvolle Handlungsempfehlungen. Hier geht’s zum kostenlosen Download.

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